52 Wochen im Jahr, sieben Tage die Woche rund um die Uhr: Auch die freiwillige Feuerwehr muss immer auf alle Notfälle vorbereitet sein. Größere Feuerwehren wie die in Gettorf haben eine besondere Funktion und Verantwortung, müssen öfter in den Einsatz. Wehrführer Frank-Andreas Greggersen (50) schlüsselt Alltag und Probleme der Brandschützer im Ehrenamt auf.
Die Freiwillige Feuerwehr Gettorf ist die größte Wehr im Amt Dänischer Wohld. Sie unterstützt kleinere Feuerwehren sehr häufig. Dennoch sprechen Sie in Ihrer Bilanz von einem ruhigen Jahr 2019.
Frank-Andreas Greggersen: Unsere 74 Einsätze im vergangenen Jahr waren weniger spektakulär. Wir wurden zu elf Bränden gerufen. Der einzige Großbrand war in einer Scheune in Osdorf – ohne Personenschaden. Vieles fiel unter technische Hilfeleistung, zum Beispiel Verkehrsunfälle mit der Landung des Rettungshubschraubers, ausgelaufener Kraftstoff oder Öl, eine angerissene Gasleitung. Leider gab es auch vier Tote. 17 Mal haben Kameraden der First Responder den Rettungsdienst unterstützt.
Wie bewältigen Sie belastende Einsätze mit Todesfällen? Sie sind ja alle Ehrenamtler.
Wir Führungskräfte achten darauf, wie sich die Kameraden nach dem Einsatz verhalten. Wir scheuen uns heute alle nicht mehr, auch externe Hilfe anzunehmen, wenn ein Einsatz an die Substanz geht. Und wir setzen uns nach dem Einsatz zusammen. Nicht jeder war ja dicht dran. Der Austausch ist dann wichtig.
Mit 73 Aktiven scheinen Sie gut aufgestellt. Doch die meisten sind beruflich gar nicht in Gettorf tätig. Wie kann man so rund um die Uhr den Brandschutz und mehr sicherstellen?
In der Tagesalarmbereitschaft von 7 bis 16 Uhr haben wir in der Tat nur 15 Leute. Sie werden vom Arbeitgeber bei Alarm freigestellt. Sehr positiv: Diese Firmen fordern von der Gemeinde kein Geld für den Ausfall. Theoretisch könnten sie das. Im Moment reicht diese Truppe noch für den ersten Abmarsch. Aber sie dürfte gern wachsen. Ich appelliere an die Bürger, sich bei uns zu engagieren. Insgesamt gesehen sind wir übrigens drei Personen unter Sollstärke. Die Einsatzabteilung sollte 76 Aktive haben.
Hand aufs Herz, wie schnell ist die Gettorfer Feuerwehr wirklich am Einsatzort?
Das Einsatzgebiet ist so geschnitten, dass wir die Frist wahren können. Vom ersten bei uns eingehenden Alarm bis zum Eintreffen des ersten Löschfahrzeugs dürfen zehn Minuten vergehen. Das schaffen wir. Das erste Fahrzeug fährt drei bis vier Minuten nach der Alarmierung vom Hof. Unsere Leute sind echt schnell.
Die körperliche Belastung ist oft hoch, auch bei Übungen. Ihre 43 Atemschutzgeräteträger stellen sich immer wieder Tests. Wie werben Sie junge, sportliche Nachwuchskräfte?
Wir versuchen, möglichst viele aus der Jugendfeuerwehr zu übernehmen. Und wir bieten Anreize. Das sind etwa technische Lehrgänge, die man nicht nur bei der Feuerwehr nutzen kann.
Beispielsweise?
Etwa bei der Jugendarbeit: Man erwirbt die Jugendleitercard, die man auch im Berufsleben einsetzen kann. Wir bilden Kraftfahrer aus, zum Beispiel Fahrermaschinisten. Die Gemeinde zahlt diesen Führerschein. Motorsägenlehrgänge sind begehrt. Damit kann man auch privat was anfangen.
Die Gettorfer Truppe ist eine Hilfeleistungswehr. Was bedeutet das?
Wir sind im Amt Dänischer Wohld bei Verkehrsunfällen und technischen Hilfeleistungen zuständig. Wir arbeiten dabei eng mit den örtlichen Wehren zusammen. Im Umkreis gibt es übrigens nur drei Hilfeleistungswehren: Eckernförde, Altenholz und Gettorf.
Was ist die größte Herausforderung?
Dass wir alle immer wieder gesund nach Hause kommen.
Technisch sind Sie anders als kleine Wehren ausgestattet. Was sind Besonderheiten neben den Löschfahrzeugen?
Das ist zum Beispiel das Rüstfahrzeug. Wir haben viel schweres Gerät an Bord wie Schere, Spreizer, Hebekissen, was wir oft bei Unfällen brauchen. Wir führen auf einigen der acht Einsatzfahrzeugen viel Einsatzgeschirr mit. Eine Drehleiter haben wir nicht. Damit unterstützt uns bei Bedarf die Feuerwehr Eckernförde. In Gettorf selbst gibt es außer der Kirche und dem Amt mit guten Flucht- und Rettungswegen kaum höhere Bauten.
Ihr Feuerwehrgerätehaus ist schon lange zu klein. Ist endlich eine Lösung in Sicht?
Leider noch nicht. Die Fahrzeughalle ist zu klein. Zwei der acht Wagen bringen wir nicht unter. Einer steht auf dem Bauhof, der andere draußen. Uns fehlen Abstellräume. Die Feuerwehrunfallkasse moniert auch, dass wir kontaminierte Einsatz- und saubere Privatkleidung nicht trennen können. Die Gettorfer Politik bemüht sich tatsächlich sehr, eine Lösung zu finden, die einer wachsenden Gemeinde Rechnung trägt.
Wie lange drückt die Unfallkasse die Augen zu?
Aktuell ist noch keine Frist gesetzt. Aber die Gemeinde weiß, dass sie jetzt zeitnah handeln muss.
Sie sind hauptamtlicher Gerätewart diese Hilfeleistungswehr. Ihr Wehrführerposten ist Ehrenamt. Geht das ineinander über?
Ich bin als Gerätewart bei der Gemeinde angestellt und wohne am Gerätehaus. Ich warte Fahrzeuge, Atemschutzausrüstung, führe die technische Aufsicht. Auch für Wehren im Amt und darüber hinaus biete ich Service wie das Waschen der Schutzkleidung und mehr. In n der Freizeit bin ich als Wehrführer Ehrenbeamter. In die Funktion bin ich gewählt. Die Gerätewartstunden muss ich sehr klar vom Ehrenamt trenne. Für mich passt beides perfekt zusammen, denn Feuerwehr ist mein Leben – auch wenn ich Urlaubstage richtig genieße.
Interview: Cornelia Müller
Brandschutz ist Aufgabe der Kommunen
Frank-Andreas Greggersen ist seit 2009 Wehrführer in Gettorf. Der Posten wird für sechs Jahre gewählt. Die zweite Amtsperiode des 50-jährigen läuft 2021 ab. Seit 2003 ist er zudem hauptamtlicher Gerätewart. Arbeitgeber ist die Gemeinde Gettorf. So ist sichergestellt, dass der große Fuhrpark, Atemschutzgerät und andere Technik vor Ort gewartet werden können und stets einsatzbereit sind. Die Gettorfer unterstützen Brandschützer im gesamten Amtsbereich. Der Brandschutz ist eine Aufgabe der Kommunen. Er ist in Deutschland weitgehend ehrenamtlich organisiert – ein Ehrenamt mit Verantwortung und hohen Pflichten. Daher sind Feuerwehrleute Ehrenbeamte.
In Schleswig-Holstein gibt es 1342 Freiwillige Feuerwehren mit 49120 Aktiven (4573 sind Frauen). Nur die kreisfreien Städte Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster haben Berufsfeuerwehren mit insgesamt 919 Aktiven (24 weiblich). Außerdem gibt es 22 anerkannte Werk- und Betriebsfeuerwehren und 439 Jugendfeuerwehren.
Quelle: Kieler Nachrichten 24.02.2020