Zusammengestellt nach Unterlagen aus dem Feuerwehrarchiv und der "Festschrift 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Gettorf" von Ferdinand Möller. Hans-Christian Sacht, Ehrengemeindewehrführer
Brandschutz und Brandbekämpfung vor Gründung der Wehr. Aus einem Aufsatz des Lehrers August Seidel in der Festschrift anlässlich des Kreisfeuerwehrverbandstages am 20. Juni 1937 in Gettorf zitiert der Verfasser auszugsweise: Auch nach Aufhebung der Leibeigenschaft um 1800 waren die Einwohner Gettorfs etwa je zur Hälfte Untertanen der Gutsherren von Groß-Königsförde (Lindau) und Wulfshagenerhütten. Die Gutsbesitzer waren verantwortlich für die Verwaltung, Kirche und Schule. Sie stellten Ortsgendarmen ein.
In ihren Händen lag auch bis zur Einführung der Amtsgerichte die Gerichtsbarkeit. Sie benannten jeder für seinen Dorfteil einen Bauernvogt, der ihre Interessen hier im Dorf vertrat und streng darauf zu achten hatte, dass ihre Anordnungen strikt befolgt wurden. Wer sich den Anordnungen widersetzte, wurde mit einer empfindlichen Geldbuße belegt. Die Dorfbewohner hatten darüber hinaus eine Reihe von Hand- und Spanndiensten zu leisten. Für den vorbeugenden Brandschutz hatte jeder Hausbesitzer oder Pächter eine ganze Reihe von Gerätschaften vorzuhalten: Feuerleiter, Löscheimer, Feuerhaken, Dachstuhl und Laterne. Die adelige Brandgilde, in der alle landwirtschaftlichen und andere Gebäude versichert waren, achtete stets darauf, dass alles im besten Zustand war. Der Ortsgendarm, der Bauernvogt und meistens auch ein Gildesekretär führten alljährlich Kontrollen durch. Wehe dem, bei welchem Mängel an den Gerätschaften festgestellt wurden; er wurde unerbittlich in Brüche genommen, das heißt, er musste auch hierfür eine empfindlich Geldstrafe bezahlen. Jeder Bauer hatte auch noch Wassertonnen, wenn sie nicht gerade zum Einpökeln von Schweinefleisch benutzt wurden, vorzuhalten. Wenn in der Nacht ein Feuer ausbrach, war es der Nachtwächter, der die Einwohner mit lautem Tuten auf seiner Trompete aus dem Schlaf weckte. Tagsüber musste der Küster mit der Sturmglocke die Bevölkerung alarmieren. Es ist nicht bekannt, wann die ersten Feuerspritzen und Löschgerätschaften hier bei uns in Gettorf angeschafft wurden. Sicher ist, dass es im Gutsbezirk Königsförde 1844 zwei Spritzen gegeben hat. Eine stand im Gettorfer, die zweite im Revensdorfer Spritzenhaus. Das alte Spritzenhaus lag am Spritzengang, heute die Post. Es hatte zwei Räume. Einen für die Königsförder, den anderen für die W.-Hüttener Spritze. Während die Königsförder Spritze zwei Druckpumpen mit zwei Hebelarmen hatte, war die W.-Hüttener Spritze lediglich mit einer Druckpumpe und einem Hebelarm ausgestattet. Beide Spritzen hatten ihre eigenen Spritzen- und Wassermannschaften. Darüber führten die Bauernvögte genau Listen. Das Schlauchmaterial wurde auch in dem Spritzenhaus gelagert. Der Ortsgendarm hatte es nach Gebrauch zu reinigen und zu beaufsichtigen. Wenn ein Feuer ausbrach, eilte der vorher bestimmte Bauer mit seinem Gespann zum Spritzenhaus. Nach Eintreffen der Spritzenmannschaft, die auf einem zweiten Fuhrwerk Platz genommen hatte, ging es dann in flotter Fahrt zur Brandstelle. Die Wassermannschaft, zu ihr gehörten alle Bauern, die über ein Gespann mit zwei Pferden und einen Knecht verfügten, eilte, beladen mit Wassertonnen, zum alten Teich im Spritzengang (wurde vor vielen Jahren zugeschüttet), zum Schrievers Diek an der heutigen B 76 oder zu einem anderen Teich bzw. Wasserkuhle im Dorf. Die Tonnen wurden mit Wasser gefüllt und um die Tonnenränder zur Verhinderung eines Überschappens ein Strohkranz gelegt. Dann ging es eilig zur Brandstelle. Hier wurde das Wasser mit den Löscheimern in den Wasserkasten der Spritze gefüllt und mit der Druckpumpe durch die Schläuche an den Brandherd gebracht. War ein Teich in der Nähe der Brandstelle, wurde das Wasser über eine Eimerkette direkt in den Spritzenwasserkasten gefüllt.
Außer den Spritzen- und Wassermannschaften hatten sich auch die übrigen männlichen Einwohner an der Brandstelle einzufinden. Sie wurden bei Bedarf vom Bauernvogt zur Bergung und Brandbekämpfung eingesetzt. Wer ohne Entschuldigung fehlte, wurde in "Brüche" genommen. Ein vorher dazu bestimmter Handwerksmeister führt die Aufsicht über den Wassertransport. Der "Diekinspektor", ein in der Nähe eines Löschteiches wohnender Bauer war verpflichtet den Teich zu pflegen. Bei Frostwetter hatte er dafür zu sorgen, dass die Wasserentnahme stets gewährleistet war. Darüber hinaus mussten die Einwohner ihre Pumpen, soweit vorhanden, zur Verfügung stellen.Bei allen Löscheinsätzen hatten die Bauernvögte das Kommando. Sie wurden von den Gendarmen unterstützt, die auch für die Absperrung sorgten. Diese wurde sehr streng durchgeführt, weil diebische Hände von den geretteten Gegenständen in der Vergangenheit so manches Stück stahlen. Wer sich den Anordnungen nicht fügen wollte, dem wurde es nachdrücklich beigebracht. Der Handstock, den jeder Polizeidiener mit sich führte, sprach dann eine deutliche Sprache.War ein Feuer endlich gelöscht, und bestand für die Nachbargebäude keine Gefahr mehr, wurde eine Brandwache mit der Spritze zurückgelassen. Die übrige Mannschaft rückte in den nächsten Krug, um sich mit reichlich Köm und Bier von den Strapazen zu erholen.In der Regel waren die brennenden Gebäude nicht zu retten. Es war schon viel gewonnen, wenn die benachbarten Gebäude vor übergreifenden Flammen geschützt werden konnten. Das grenzte manchmal schon an ein Wunder, wenn man bedenkt, dass die Einsatzkräfte ungeübt, und die Löschgeräte doch, verglichen mit heute, äußerst primitiv waren. Die Brandbelastung war sehr hoch, weil die meisten Gebäude aus Fachwerk mit weicher Bedachung bestanden. Offene Feuerstellen und der Umgang mit Talglichtern und Stalllaternen trugen auch nicht zur Sicherheit bei.Alten Lindauer Brandakten im Kieler Staatsarchiv ist zu entnehmen, dass die Feuerspritzen, die als erste und zweite an der Brandstelle eintrafen, Prämien von der Adeligen Brandgilde bekommen haben. Als durch Blitzschlag die Bauernstelle Kobarg in der heutigen Friedrichsorter Straße in Brand geriet, traf eine der Gettorfer Spritzen als erste bei der Brandstelle ein. Die Mannschaft bekam eine Prämie von 12 Reichstaler. Bei einem Feuer in Revensdorf im Dezember 1861 traf die Gettorfer Spritze als zweite ein und bekam eine Prämie von 8 Reichstaler.
Das die Löschkräfte auch damals schon ihre Gesundheit aufs Spiel setzten, um Hab und Gut ihrer Mitmenschen zu retten, haben sie bei einem Einsatz im Juli 1860 bewiesen. Die Hufenstelle des Krügers J. Buck in der Kirchstraße brannte ab. Bei dem Versuch das Nachbargebäude, die Schule, zu retten, taten sich vier Männer besonders hervor. Dabei zogen sie sich Brandverletzungen zu und ruinierten ihre Kleidung. Es wurde ein Antrag auf Entschädigung an die Adelige Brandgilde gerichtet. Wie hoch die Entschädigung für die vier Männer war, ist nicht bekannt.In den Aufzeichnungen des Pastors Claussen, der von 1812 - 1862 in Gettorf amtierte gibt es folgende Eintragung: Wiederum hat unser Dorf ein großes Unglück betroffen. In der Nacht zum 7. Juli 1848 brach in der Vierwohnungskate, heute Alexanderplatz, ein Großfeuer aus. Der Wind trug das Feuer auch zu mir hin, meine Scheune wurde ein Raub der Flammen. Mein Verlust beträgt 400 - 500 Mark. Das vorige Mal 2600 Mark. Bei dem Pastoratsbrand 1842 war unter anderem auch die Aussteuer der Tochter Ida, die kurz vor der Hochzeit stand, aufgebrannt. Doch ich will nicht klagen. Ein Glück, das keine Menschenleben zu beklagen waren. War das Feuer doch ausgebrochen, als wir alle im ersten Schlaf lagen. Starker Wind und Flugfeuer waren schuld, dass insgesamt 19 Gebäude ein Raub der Flammen und 22 Familien obdachlos wurden. Offensichtlich durch Brandstiftung. Eine höchst verdächtige Person wurde verhaftet. Bisher sind solche Leute bei uns immer straflos geblieben. Lag es an der Schlauheit der Verbrecher oder der Unfähigkeit der Gerichtsbehörden? Auch Carl Sacht, späterer Mitbegründer der "Freiwilligen Feuerwehr Gettorf" hat über dieses Großfeuer berichtet. Sein Geburtshaus, heute Familien Krützfeld und Jandke, brannte damals bis auf die Grundmauern ab. Ein verheirateter Bürger wurde 6 Wochen als mutmaßlicher Brandstifter eingesperrt. Obgleich die Volksstimme gegen ihn sprach, wurde er wieder freigelassen. Als in den 30ger Jahren die Schule abbrannte, kam ein Knabe in Verdacht, der auch wieder freikam. 1835, als der Landkrug in Flammen aufging, wurde der Dienstjunge gefänglich eingezogen. Man konnte ihm nichts nachweisen, er musste wieder freigelassen werden. Gettorf soll in alten Zeiten berühmt für seine Brandstiftungen, die teilweise sogar vorhergesagt wurden, gewesen sein.Durch den Versicherungsschutz bei der Adeligen Brandgilde und später auch bei anderen Feuerversicherungen waren die Brandgeschädigten in der Lage, ihre Gebäude weitgehend wieder aufzubauen. Weil aber die Versicherungssumme nicht den vollen Schaden abdeckte und auch das Inventar in den meisten Fällen ein Raub der Flammen wurde, blieb den Bewohnern oft nur das, was sie auf dem Leibe trugen. Die Dorfbewohner haben geholfen, die größte Not zu lindern und bei dem Wiederaufbau tatkräftig mit angepackt. Wir stellen also fest, dass jedes Feuer mit großer Not, erheblichen Kosten und viel Arbeit für die Dorfbewohner verbunden war. Das brachte einige Gettorfer auf die Idee, eine "Freiwillige Feuerwehr" zu gründen mit dem Ziel, mit gut ausgebildeten und schlagkräftigen Feuerwehrmännern im Brandfall die Schäden so gering wie möglich zu halten. Auch vorbeugender Brandschutz sollte verstärkt durchgeführt werden. Nicht nur im Brandfall, sondern in jeder Lage sollte den Mitbewohnern optimaler Schutz gewährt werden.