Aufgrund eines VU auf der Anfahrt, direkt vor unseren Augen, war unser 2. Zug aus dem Verband herausgelöst worden, um zusammen mit einem dazugehörigen KTW (Krankentransportwagen) und unserem  MZF (Mehrzweckfahrzeug auf VW-Bus-Basis) wurden die Verletzen betreut und wir als Feuerwehr übernahm die Verkehrssicherung (Autobahnanschluss) sowie den Brandschutz und die Eindämmung von Schmier- und Betriebsstoffen durch das Abstreuen mit Bindemittel.

Aufgrund der dadurch entstandenen Verzögerung war für uns dann im eigentlichen Katastrophengebiet die Übernahme von Aufgaben nicht mehr so ergiebig. Die Feuerwehr Gettorf hat dann zusammen mit der Feuerwehr Hohn und der Feuerwehr Karlsruhe über Nacht kurzerhand den Brandschutz für den südlichen Teil von Bad Neuenahr-Ahrweiler (Stadtgröße vergleichbar mit Eckernförde) übernommen. Bei der Einweisung durch die örtlichen Einsatzkräfte gab es auch einen Bericht aus deren Sicht zu den direkten Stunden vor und nach der "Welle". Die Einsatzkräfte vor Ort haben glücklicherweise keine Kräfte verloren, aber eine Geschichte von einem Feuerwehrmann auf einem Kreuz hat sich wirklich so zugetragen. Der Feuerwehrmann Friedhelm J. hatte sich 6 Stunden lang an ein Grabkreuz geklammert und so die Flutwelle überlebt.

Auch wenn man viele Situationen vor Ort mit einem "Klos im Hals" erwartet hatte, war dieses ein sehr emotionaler Bericht – Gänsehaut pur! Gut, dass das Ganze nahezu ohne körperliche Schäden von Statten ging. Was da in den Köpfen der Einsatzkräfte vorgeht und vor allem auch, was hängen geblieben sein mag, möchte man sich gar nicht vorstellen. Da wir die Nachtschicht sehr spontan übernommen hatten, fehlte es uns an Vielem, obwohl wir, aufgrund der Lage, fast alle zumindest Klamotten als Ersatz im Auto mit dabeihaben. Aber Handtücher, Duschgel, Zahnbürsten und -pasta fehlten und wurde von den örtlichen Kameraden spontan besorgt. Hier hilft, wirklich Jeder jedem.

Es ist wirklich großartig, Teil eines solchen "Vereins" zu sein.

Das Abendbrot konnten wir dann durch "Vitamin B" in der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und zivile Verteidigung bekommen. Was für eine surreale Kombination. Das Essen, abends kurz vor 2200 war nicht wie bei Muttern, auch nicht wie bei Oma, sondern eher wie bei Ur-Oma, so gut. Uns wurde dann dort auch noch eine warme Dusche angeboten, welche wir aber ablehnten. In der Behelfsfeuerwache (die ursprüngliche Wache wurde durch die Flut so stark beschädigt, dass sie schon teilweise eingerissen werden musste) gab es allerdings keine Dusche. Wir handelten nach dem alten Wahlspruch der Bundeswehr Leben mit der Lage und es wurde kurzerhand auf der Straße mit Selter "geduscht". Das war zumindest etwas mehr als Katzenwäsche und notwendig bei den Temperaturen und der Umgebung. Außerdem sorgte es auch noch für den einen oder anderen Lacher in dieser sonst so trostlosen Gegend.Beim abendlichen Smalltalk mit den Kräften aus Karlsruhe kamen dann auch ganz banale Themen zur Sprache.

Uns Allen ist aufgefallen, dass es hier derzeit kaum Tiere zu geben scheint. Kein Vogel zwitschert, kein Hund mit Herrchen oder Frauchen auf den „Straßen“ unterwegs, und Nagetiere jeglicher Art haben wir zum Glück auch noch keine gesehen. Kurz vor der Nachtruhe gegen 0100 kam dann ein schmusebedürftiger "Stubentiger", scheinbar der letzte seiner Art, vorbei und strich uns um die Beine. Er wurde verwöhnt und dann gingen bei uns langsam die Lichter aus…

Mal sehen, wie es weiter geht.

 

Quelle: Jannichsen/FF Gettorf